Nachdem ich im SERVUS Magazin über die wilden Kaisertaler gelesen hatte, beschloss ich sofort: da muss ich hin! Das Kaisertal liegt sehr idyllisch zwischen dem Zahmen und dem Wilden Kaiser und der Zugang erfolgt nach wie vor über den Kaiserstieg in Kufstein.
Wie viele Stufen?
Auf meditatives Treppen steigen programmiert, war ich fest entschlossen die Stufen zu zählen und mich nicht ablenken zu lassen. Ist ja auch eine ganz angenehme Konzentrationsübung. Doch weit gefehlt! Nach 85 Stufen wurde ich von einem kleinen, krummbeinigen und knorrigen älteren Herrn mühelos überholt. Im Vorbeilaufen rief er: Griaß di, gehst a zum Frühschopp’n auf die Ritzau-Alm? Schon war es vorbei mit der Stufenzählerei. Nach ein paar netten, verbindlichen Worten – er war dabei schon viele Stufen weiter oben und redete noch immer – begann ich weiter zu zählen. Doch es kamen immer wieder Leute die Treppen herunter, wobei ein kurzer Wortwechsel nicht ausblieb. In Tirol ist jeder Weg ein Grüß Gott Weg. Man begrüßt sich. Ist doch auch viel netter als wortloses aneinander vorbei laufen. Die Treppe scheint sinniger Weise auch ein Kommunikationstreffpunkt für die Einheimischen zu sein. Schön, wenn man dafür noch Zeit findet. Für die 35 Talbewohner und Besucher bleibt die Treppe trotz des 2008 eröffneten Anna-Tunnels der einzige Zugang zum Kaisertal. Von meinem Zählvorhaben wurde ich jedenfalls immer wieder abgelenkt, entweder durch einen weiten Blick hinunter ins Inntal und auf Kufstein, oder durch besagte Grüß Gott Begegnungen.
Hier der Blick auf Kufstein von der Neapelbank. Weiß der Himmel, weshalb diese Bank so getauft wurde! Darüber machte ich mir jedoch keine Gedanken denn gleich ging es weiter durch eine schöne, schattige Baumallee, vorbei an der Abzweigung zur Tischhofer Höhle, die unter anderem während der Napoleonischen Kriege auch ein Waffenversteck und Versammlungsort der tapferen Tiroler Mander war.
Nach einer knappen Stunde war ich oben angekommen, vorbei am Veitenhof mit seiner einladenden Terrasse. Doch für Pause war es viel zu früh, so verlockend der Ausblick und die Aussicht auf einen Großen Braunen (Kaffee) auch gewesen wäre. Der Weg war noch weit bis ins Hinterbärenbad und zog sich hin.
Auch der kurz danach am Weg liegende, wunderschöne Pfandlhof konnte mich nicht zu einer Pause überreden. Weiter geht es auf dem oberen Weg zur Antoniuskapelle, durch den schattigen Wald in Richtung Hinterbärenbad. Ich wollte so bald wie möglich mein Ziel erreichen denn die Temperaturen stiegen allmählich nach oben, es würde wieder ein heißer Tag werden.
Weiter taleinwärts, vorbei an der Eliasquelle, die auf Grund der aktuellen Hitzewelle leider sehr wenig Wasser führte. Bei der Antoniuskapelle wollte ich eine kurze Rast machen, dorthin war es nicht mehr weit.
Kurz darauf war die Antoniuskapelle in Sicht und das bedeutete eine kurze, sehr stimmungsvolle Apfelpause. Kein Mensch war weit und breit zu sehen. Klare Luft, (noch) warmer Sonnenschein und eine Ruhe, die nur durch das Summen einer Wespe um meinen Apfel unterbrochen wurde. Ein paradiesisches Tal und Entspannung pur! Was kann es Schöneres geben, ich hätte stundenlang auf dieser Bank sitzen können …
Was für ein Blick, schräg unten lag der wunderschöne Hinterkaiserhof der älteste Hof im ganzen Tal. Hier die Bilderbuch – Ansicht vom Hof zurück in Richtung Kapelle und Kufstein.
Doch ich wollte weiter, mein Ziel erreichen. Es war schon noch ein schönes Stückchen Weg bis ans Ende des Tals, zum Hinterbärenbad und dem Anton Karg Haus. Nach gemütlichen 2,5 Stunden, teilweise durch den schattigen Wald und über Stock und Stein kam ich allmählich näher. Hinunter auf die Forststrasse und weiter am Spertenbach entlang, von dort unten waren es nur noch ca.20 Minuten bis zum Ziel.
Endlich war die Kapelle beim Anton Karg Haus in Sicht. Ich hatte mein Ziel erreicht. Was für ein idyllischer Anblick und die Belohnung für 2,5 Stunden gehen bei mittlerweile ziemlich hohen Temperaturen.
Zur Erfrischung und Einstimmung auf die Brotzeit ließ ich mir erst einmal eine kühle Buttermilch schmecken, nachdem ich mich auf der wunderschönen Terrasse des traditionsreichen Anton Karg Hauses niedergelassen hatte.
Und jetzt in Ruhe diese faszinierende Aussicht geniessen, entspannen und dabei etwas träumen! Träumen von weiteren Reisezielen oder Bergtouren. Island kam mir dabei wieder in den Sinn, die Soca in Slowenien, Grönland und die Faröer. Doch jetzt war ich erst einmal im Hinterbärenbad!
Vor mir lag das Totenkirchl, die Kleine Halt und das Kopftörl. Zum Stripsenjoch hinauf wäre es noch eine Stunde gewesen, doch allmählich meldete sich mein Hunger zurück und ich bestellte mir einen köstlichen Salat mit einem Pressknödel, einer traditionellen Tiroler Spezialität.
Wie ruhig es hier auf der Terrasse war, die Gäste waren ziemlich entspannt und genossen das faszinierende Panorama. Langsam spürte ich einen kleinen Anflug von Müdigkeit und entschied mich für ein Nickerchen im Liegestuhl unter der schattigen Kastanie. So schön und entspannend es auch hier war, ich musste irgendwann auch wieder zurück!
Diesmal jedoch über den Forstweg und teilweise in der Sonne bei gefühlten 38 Grad. Wie praktisch, dass der Spertenbach immer wieder Gelegenheit bot, die Füße zu kühlen und sich im Schatten etwas auszuruhen.
Der Weg in der Hitze und gegen die Sonne zog sich sehr lange hin. Nach knapp drei Stunden musste ich noch die vielen Treppen hinunter, wobei ich das Zählen bald wieder total vergessen hatte. In Gedanken war ich noch immer im Schatten der Kastanie im Hinterbärenbad. Was die Zahl der Stufen des Kaiserstiegs anbelangt, so würde ich sagen: gefühlte 500 Stufen vom Kaisertal nach Kufstein. Zumindest bei goßer Hitze. Servus Kaisertal, das nächste Mal werde ich bestimmt genau zählen!