Habe ich schon erwähnt, wie gerne ich wieder zeichne und wie gut ich mich dabei entspannen kann? Nein, kein Zen-Tangle! Gezeichnet habe ich schon immer, nur bin ich im Trubel vieler Ereignisse aus der Übung gekommen. Doch völlig unerwartet haben mir vor ein paar Jahren das Zeichnen und das Schreiben geholfen, aus einem stickigen Sumpf zu entkommen. Allein der Fokus auf das Wesentliche hat mich viele negative Erlebnisse vergessen lassen und mir wieder meine kreative Welt geöffnet.
Mit dem Zeichnen ist es wie mit einer erlernten Sprache oder dem Klavierspielen. Wenn man einmal etwas gelernt hat und die tägliche Praxis fehlt, lösen sich Worte, Strich und Klang vorübergehend auf. Doch das, was man gelernt hat, verschwindet nicht einfach so dahin. Es muss nur wieder aktiviert werden, mit Disziplin und Beharrlichkeit. Heute gehe ich nie mehr ohne Skizzen- und Notizbuch aus dem Haus. Offen für alles Neue, habe ich mir auch eine praktische Zeichen-App auf meinem Smartphone installiert, mit der ich zusätzlich überall ganz locker und unauffällig meine persönlichen Eindrücke unterwegs festhalten kann.
Zeichnen und Aufzeichnen
Während meiner Island – Reise habe ich jeden Tag meine Aufzeichnungen gemacht, Stichworte über die Reiseroute eingetragen und jeden Eintrag mit ein paar kleinen Skizzen versehen. Bei der unglaublichen Fülle an Eindrücken und der vielfältigen, überwältigenden Landschaften sind die kleinen Bücher ein unersetzliches Dokument geworden, zusätzlich zu den unzähligen Fotos. Im Lauf der Zeit habe ich auch schon diverse kleine Travel Booklets getestet und herausgefunden, dass diese am besten zu verstauen sind und mit ihrem Papiergewicht von 140g auch einmal einen Waterpen oder einen verschütteten Kaffee vertragen.
Zeichnen und schreiben ist für mich wie Meditation. Manchmal, wenn die Zeit für die täglichen Morgenseiten wegen unvorhergesehener Ereignisse zu knapp wird, läuft der Tag nicht rund. Denn mit klarem Kopf am Morgen, gleich nach dem Aufstehen, schreibt und zeichnet es sich leichter als am Ende eines ereignisreichen Tages. Die täglichen Zeichnungen und Skizzen werden meistens gar nicht groß bewertet, genau so wenig wie die Texte. Das alles geschieht dann schon zum richtigen Zeitpunkt.
Der Anfang.
Portraits mit Kohle, Rötel und Grafit, gezeichnet in einem Seminar bei Pjotr Sonnewend
Im Atelier von Enzo Arduini sind diese großformatigen Zeichnungen mit Kugelschreiber entstanden.
Mit Kugelschreiber auf eine Format von 70 x 100 zu zeichnen hat mich am Anfang ziemliche Überwindung gekostet. Doch Enzo hat mich unheimlich motiviert und nach dem zweiten Motiv hat es richtig Spass gemacht. Gerne sitze ich auch in einem Museum, um dort die Stille zu hören und in aller Ruhe zu zeichnen. Die klassischen Statuen mit ihren wechselnden Licht- und Schattenseiten bieten unzählige, vielfältige Variationen. Im Museum habe ich auch bei einem Workshop mit Gerhard Marquard viele Stunden gesessen. Dabei habe ich am Anfang viel zu überlegt gezeichnet, um das Motiv so exakt wie möglich darzustellen. Große Frustration, Kitsch pur! Daraufhin habe ich schnell gezeichnet und allmählich wurde meine Hand lockerer und die Gedanken weniger. Am Ende habe ich blind gezeichnet. Es war faszinierend, was dabei entstanden ist und wie locker der Strich geworden ist.
Es macht einfach unheimlich viel Spaß, die eigene Kreativität auszuleben. Durch die vielfältige Anzahl an wunderschönen Stiften und Papieren wird man auch immer wieder angeregt, etwas Neues auszuprobieren.
Also Leute, traut Euch doch einfach. Es tut überhaupt nicht weh!