Selbstüberwindung ist nicht immer einfach. Wenn man aber etwas bewältigen will, weil man sich sonst ziemlich eingeschränkt fühlt, dann ist es an der Zeit, etwas zu unternehmen.
Eigentlich leide ich unter Höhenangst, zumindest im Sommer wenn ich keine Ski unter meinen Füßen habe. Dieses Problem hat mich schon lange genervt und so beschloss ich, beim DAV ein Seminar gegen diese lästige Höhenangst zu machen. Theorie gut, Praxis – na ja. Aber ich wollte mich durchbeißen.
Zum Austesten habe ich natürlich nicht gleich den Jubiläums-Grat der Zugspitze gewählt, sondern eine Seil-Hängebrücke im Tiroler Lechtal. Das Lechtal und seine Seitentäler sind mir besonders ans Herz gewachsen. Also auf nach Holzgau!
Schon der Anblick der Brücke von unten ist ziemlich eindrucksvoll und man spürt beim Hinaufgehen, wie der Atem kürzer und die Handflächen feuchter werden. Oben angekommen, sinkt erst einmal das Herz in die Hose – zumindest bei mir. Die Brücke schwankt.
205 Meter lang und 105 Meter hoch überspannt sie das Höhenbachtal. Eigentlich sollte ich der TÜV-geprüften Technik vertrauen und meine Ängste in den leichten Wind schießen, der hier oben weht. Eigentlich.
Selbstüberwindung und Entscheidung
Jetzt aber stehe ich hier oben und muss mich entscheiden.Der Blick fällt auf 205 Meter langer Metallroste, die den Blick nach unten ungehindert frei geben. Panik. Ausatmen. Überlegen. Will ich jetzt oder will ich vielleicht doch lieber nicht? Nach einer kurzen, meditativen Besinnung fiel die Entscheidung: Die Grenzen überwinden und mich meinen Ängsten stellen hatte absolute Priorität. Nach ein paar kurzen Lockerungsübungen und mehreren tiefen Atemzügen (DAV – Kurs!) ging es los. Die ersten Schritte führten noch über festen Boden, doch bald tat sich der Abgrund auf. Mir wurde plötzlich ganz heiß und tapfer konzentrierte ich mich auf meinen Atem. Ruhig bleiben, ganz ruhig!
Nach einigen zögerlichen Schritten stellte ich fest, wie sehr die Brücke ins Wanken geriet, dies aber weniger durch mich als durch die Gruppe, die mir vom anderen Ende fröhlich hüpfend entgegen kam. Es gab aber kein Zurück mehr und so ging ich langsam, mit einer Hand am Geländer vorwärts und versuchte, einen möglichst coolen und gelassenen Eindruck zu hinterlassen
Weitblick
Der Blick durch die Roste nach unten war natürlich atemberaubend, ebenso die Aussicht nach beiden Seiten. Links rauschten die Simms – Wasserfälle vor der grandiosen Kulisse der Allgäuer Alpen, auf der rechten Seite lagen die markanten Gipfel der Lechtaler Alpen. Nach den ersten, zaghafte Schritten und mehreren tiefen, entspannten Atemzügen hatte ich bald ein Drittel hinter mir. Jetzt war ich sicher, dass ich es schaffen würde. Mein Atem wurde ruhiger, ich wurde zusehends entspannter und konnte die wunderschöne Rundumsicht genießen.
Am anderen Ende angelangt, war ich aber doch froh, wieder festen Boden unter meinen Füßen zu spüren.
Das Gefühl, etwas geschafft zu haben, das bei mir zuvor totale Panik und Ängste auslöste, konnte ich nun in aller Ruhe auf mich einwirken lassen und in meinem Kopf ankern.
Ich freue mich auf Feedback, ähnliche Erfahrungen mit Höhenangst und Hängebrücken …
P.S.: Inzwischen gibt es eine noch höhere, noch längere und noch viel spektakulärere Hängebrücke in Reutte/Tirol. Sie führt von der Festung Ehrenberg zum Fort Claudia. Ob ich jemals über diese Brücke gehen werde, ist ungewiß …
ida
cooler beitrag, die brücke kenn ich auch..
trau mich aber nicht darüber zu gehen…
Heidi
…ist nicht so schlimm wie es aussieht, es lohnt sich!