Ein neues Lieblingskino
Ich liebe gute Filme und gehe sehr gerne ins Kino. Mein Lieblingskino in München ist aber nicht mehr mit dem Kino zu vergleichen, das ich letztes Wochenende besucht habe. Zu meinem Münchner Lieblingskino kann ich mit dem Rad fahren. Zu meinem neuen Lieblingskino musste ich aber erst über den Brenner. Natürlich nicht mit dem Fahrrad.
Es ist ein Kino, das ich schon seit vielen Jahren besuchen wollte – genau genommen schon seit über zehn Jahren. Die Einladung, das Wochenende in einem traumhaft gelegenen Haus inmitten der Südtiroler Weinberge zu verbringen, kam gerade zum richtigen Zeitpunkt.
Sogar das Wetter – auf der Hinfahrt Dauerregen, am nächsten Tag und das ganze Wochenende strahlend blauer Himmel – hat gepasst! Genügend Zeit, um ins Kino zu gehen gab es auch noch.
Erholungsnachmittag
Wir hatten den Nachmittag in unserem paradiesischen Garten in der Sonne ziemlich vertrödelt, kurzfristig als Erholungsnachmittag deklariert und den Kinobesuch auf den späten Nachmittag verschoben.
Daher entschieden wir uns für eine einfachere und schnellere Zufahrt zum Kino da wir unbedingt zur Dämmerungsvorstellung vor Ort sein wollten. Es gibt dorthin nämlich mehrere Wege. Den Weg mit der Seilbahn hinauf nach Vöran, dann weitere 1,5 Stunden wandern bis zum Rotsteinkogel. Zu lang, es musste etwas schneller gehen.
So fuhren wir mit dem Auto von Meran durch das wunderschön gelegene Obermais nach Hafling. Von dort war es noch eine halbe Stunde zu Fuß bei klarer, frisch gewaschener Luft über blühende Wiesen mit Löwenzahn und Vergissmeinnicht. Vorbei an einem Bauernhof mit schwarz/weißen Kühen, einem neugierigen Pfau, zwei gutmütigen Hunden und frei herum laufenden Hennen (glücklichen Hühnern). Dort noch ein kleiner Ratscher (Gespräch) mit dem Bauern, der gerade mit Stall ausmisten beschäftigt war, sich aber trotzdem Zeit für uns genommen hatte.
Dann ging es weiter durch einen Märchenwald zum Kino. Der Geruch von Tannen, Moos, die vielen Vogelstimmen und das Gehen auf lockerem Waldboden öffneten sämtliche Sinne. Was würde uns erwarten?
Gleich nach dem Wald weitete sich der Blick auf ein unglaubliches Panorama. Vor uns 30 Kinositze aus schön verwittertem Kastanienholz und Edelstahl.
Das neue Lieblingskino
Dahinter ein sensationeller Blick. Vom Penegal bis weit hinein ins Ultental, über das Vigil Joch hinauf ins Etschtal bis zum Ortler und über die Ötztaler Alpen, die mächtige Texel Gruppe bis ins Passeier. Fasziniert und völlig entspannt von dem unglaublichen Panorama nahmen wir unsere Plätze ein. Wir waren fast alleine hier oben. Die Gruppe junger Männer, die sich am Rand des Abgrunds vor den Stahlseilen aufhielt war auch gefangen von der Atmosphäre. In Ruhe konnten wir uns auf den Endlos-Film einlassen, den diese überwältigende Natur auf 1465m Seehöhe präsentierte.
Das ständig wechselnde Licht, die Wolken, der blaue Himmel und die Farben der teilweise noch mit Schnee bedeckten Berggipfel im Hintergrund führten eine perfekte Regie. Dazu tönten – als einzige musikalische Untermalung – die unterschiedlichsten Vogelstimmen aus dem Wald hinter uns.
Das Knottnkino hat das ganze Jahr über geöffnet. Knottn ist die Südtiroler Bezeichnung für eine rund geschliffene Felskuppe (a Knottn halt) und wurde von einem Bozener Künstler schon im Jahr 2000 gestaltet.
Also allerhöchste Zeit, sich dort einmal für ein meditatives Stündchen – oder länger – ganz entspannt nieder zu lassen. Darauf achten, was so alles passiert um einen herum und dabei, wie Inga Hosp in ihrem treffenden Text zum Knottnkino so schön schreibt – seinen ganz eigenen, einmaligen Film erleben.
Heidi
Danke, es war auch wirklich ein außergewöhnliches Erlebnis!
Jenny
Wunderbare Information! Danke! Weiter so!
Jenny
Du schreibst sehr anregend. Schön, in diesem Kino möchte ich auch irgendwann den berauschenden Film der Natur sehen und hören.